Fischlexikon: die Ordnung "Flösselhechte (Polypteriformes)"


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Flösselhechte (Polypteriformes)

Systematik

Ordnung:
Polypteriformes
(Flösselhechte)

Klasse:
Osteichthyes
(Knochenfische)

Überklasse:
Kiefermäuler
(Gnathostomata)

Polypteriformes (Flösselhechte)

Die Ordnung der Flösselhechte (Polypteriformes (Gr.: poly = viele, pteron = Flosse)) besteht nur aus Fischen der Familie Polypteridae.

Da sie sich morphologisch extrem von allen anderen Knochenfischen (Osteichthyes) unterscheiden, werden sie in eine eigene Unterklasse, die Cladistia gestellt.

Die Familie Polypteridae besteht aus zwei Gattungen, den eigentlichen Flösselhechten (Polypteridae) und der monotypischen Gattung Erpetoichthys, zu der nur der Flösselaal (Erpetoichthys calabaricus) gehört.

Für die europäische Wissenschaft wurden die Flösselhechte während Napoleons Ägyptenfeldzug von Étienne Geoffroy Saint-Hilaire, der die Truppen von 1798 bis 1801 als Wissenschaftler begleitete, entdeckt.

Einige Arten der Familie Flösselhechte (Polypteridae) werden als Aquarienfische gehalten. Für Evolutionsbiologen und Paläontologen ist die Fischgruppe wichtig, da sie als lebendes Muster für die Morphologie der ursprünglichen Knochenfische dienen kann.


Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet der Flösselhechte (Polypteridae) sind ausschließlich Süßgewässern des tropischen Afrika. Der Flösselaal lebt in Flussmündungen von Nigeria bis zur Republik Kongo und verträgt auch leichtes Brackwasser.

Die Verbreitung der Flösselhechte (Polypteridae) beginnt südlich der Sahara, nur im Nil kommt der Nilflösselhecht (Polypteridae bichir) weiter nördlich bis Ägypten vor. Im Süden endet das Verbreitungsgebiet mit der Südgrenze des Kongobeckens und erreicht nicht mehr das Stromgebiet des Sambesi.

In Ostafrika kommen Flösselhechte (Polypteridae) noch im Victoriasee, im Rukwasee, Tanganjikasee und Turkana-See, aber nicht mehr im Malawisee und in zum Indischen Ozean strömenden Flüssen vor.


Anatomie/Merkmale

Ganoidschuppenpanzer und die namensgebenden Flössel

Ganoidschuppenpanzer und die Flössel

Flösselhechte (Polypteridae) werden 23,5 cm bis 1 Meter lang. Ihre Gestalt ist langgestreckt, die des Flösselaal ist aal- oder schlangenähnlich.

Namensgebend ist die aus 5 bis 18 einzelnen, hintereinander angeordneten Flösseln (Pinnulae) bestehende Rückenflosse.

Die einzelnen Flössel werden an ihrer Vorderseite jeweils von einem zweispitzigen, seitlich mit einer scharfen Kante versehenen Flossenstachel gestützt, der über ein Loch in seiner vorderen Basis in einem schräg in der Muskulatur sitzenden Flossenträger (Pterygiophor) verankert ist. An der Hinterseite des Flossenstachels befinden sich schräg sitzende, aus zusammengewachsenen Knochenschuppen bestehende Lepidotrichen, die eine kleine Flossenmembran stützen.

Die Flössel können durch jeweils einen Muskel aufgerichtet und niedergelegt werden. Seitenbeuger für die Flössel fehlen. Bei der weit hinten, direkt vor der Schwanzflosse sitzenden Afterflosse sind sie dagegen vorhanden und bei der Paarung nötig, wenn die Männchen sie seitwärts zur Geschlechtsöffnung der Weibchen drehen, falten und so eine Besamungstasche bilden.


Körperpanzer

Der komplette Körper der Flösselhechte (Polypteridae) ist von rhombenfömigen, in schrägen Reihen verlaufenden Ganoidschuppen bedeckt, die einen geschlossenen Panzer bilden und dem Exoskelett der ursprünglichen Knochenfische entsprechen (Plesiomorphie).

Die Schuppen der Flösselhechte (Polypteridae) sind durch Fortsätze und Gelenkgruben miteinander verbunden und bilden Schuppenhalbringe auf der rechten und linken Körperseite, die durch Schlussschuppen auf der Mittellinie des Rückens und des Bauches miteinander verbunden sind.

Die aufeinander folgenden Schuppenringe sind überschiebbar. Unterhalb der Ganoidschuppen können sich noch einzelne oder zu Leisten verbundene Odontoden befinden, auf die letztlich auch die Schuppen zurückgehen.

Die Kollagenfasern der Haut unterhalb der Schuppen spiegeln in ihrem gekreuzten Verlauf die Anordnung der Ganoidschuppen wieder. Der Körperpanzer dient dem Schutz, schränkt aber die Möglichkeit der Körperkrümmung bei der anguilliformen Schwimmweise des Flösselaal (Erpetoichthys calabaricus) ein.

Die Fortbewegung erfolgt daher ähnlich wie bei den Lippfischen (Labridae) vorwiegend mittels der Brustflossen (also labriform), allerdings infolge deren größerer Komplexität wesentlich „eleganter“.


Brustflossen (Pectorale)

Polypterus weeksii

Polypterus weeksii mit abgespreizten Brustflossen

Die Brustflossen (Pectorale) der Flösselhechte (Polypteridae) sind fächerförmig angeordnet und sitzen auf muskulösen kurzen Stielen.

Sie ähneln somit denen des Australischen Lungenfischs (Neoceratodus forsteri) und der Quastenflosser (Coelacanthiformes). Dies führte früher zu Spekulationen über eine Zugehörigkeit oder enge Verwandtschaft der Flössler mit den Fleischflossern (Sarcopterygii).

Jedoch ist der innere Aufbau der Flösselhechte, sowohl was das Skelett als auch die Muskeln betrifft, völlig anders. Er unterscheidet sich allerdings auch stark von dem anderer Strahlenflosser.

Das Skelett des Brustflossenstiels besteht aus 3 zum Körper hin gelegenen und verknöcherten Pterygialia, von denen die äußeren stabförmig sind und ein mittleres, plattenförmiges umfassen. Die 3 Elemente laufen zum Körper hin spitz zu einem einzigen Gelenkkopf zusammen, der am Schultergürtel (Scapulocoracoid) artikuliert und eine starke Beweglichkeit ermöglicht.

Nach außen hin verbreitern sie sich fächerförmig und zwei Reihen von Radialia, von denen die inneren stabfömig, die nach außen gerichteten kugelförmig sind, schließen sich an. Die kugelförmigen Radialia werden von der Basis der Brustflossenstrahlen umfasst.


Schädel

Der Schädel der Flösselhechte (Polypteridae) ist massiv und bildet ein vollständig geschlossenes Dermatocranium. Das Schädeldach besteht aus großen, paarigen Knochenplatten.

Besonderheiten sind die feste Verbindung des Maxillare (Oberkiefer) mit dem Vorkiemendeckel (Praeoperculum), das Auftreten des Qudratojugale, eines zusätzlichen Knochens hinter dem Maxillare und dass das Parasphenoid weit nach hinten verschoben ist und den Aortakanal umgibt.

Oberhalb der Kiemendeckel-Region befindet sich eine flexible Zone mit einer Serie kleiner Knochen, von denen 2, die Spiracularia, in der Verschlussfalte des großen Spritzloches liegen und aktiv bewegt werden können.

Flösselhechte (Polypteridae) müssen atmosphärische Luft atmen und nehmen diese über den Mund oder über die Spritzlöcher auf. Die verbrauchte Luft wird über die Kiemenöffnungen wieder abgegeben.

Auf der unteren Seite der Kiemenregion fehlen die Branchiostegalstrahlen. Stattdessen wird sie durch paarige Kehl-Knochenplatten (Gularia) geschützt. Nach vorne schließt sich ein flexibler, muskulöser Mundboden an, der wichtig für die Luftatmung und den Beutefang durch Saugschnappen ist. Die Kieferränder und der vordere Gaumenbereich sind mit konischen, spitzen und nach hinten gebogenen Fangzähnen besetzt.

Auf dem Flügelbein (Ectopterygoid), einem weiter hinten liegenden Knochen im „Gaumendach“ und auf dem Praearticulare, einem Unterkieferknochen, schließen sich stumpfkonische Zähne an. Die Beißkraft der Flössler ist hoch.

Im Kiemenskelett der Flössler sind nur vier Kiemenbögen ausgebildet, der letzte, unvollständige Kiemenbogen ist mit Zahnplatten besetzt, die dazu dienen, die aufgenommene Nahrung in die Speiseröhre zu transportieren. Der (paarige) 5. Bogen, die Pharyngealia inferiora aller anderen Strahlenflosser, fehlt hier also.


Lunge

Flösselhechte (Polypteridae) besitzen eine primitive, paarige Lunge mit zwei unsymmetrisch verschieden großen Lungenflügeln. Der linke Lungensack ist kleiner, was analog zu den Schlangen wahrscheinlich auf Raummangel zurückzuführen ist. Die Lungen sind recht ursprünglich gebaut und nur vorne gekammert und hinten glatt.

Die Lunge entstand aus einem bauchseitigen Divertikel des Vorderdarms und ist noch mit dem Verdauungstrakt verbunden. Sie erfüllt allerdings auch eine Schwimmblasenfunktion und erlaubt diesen Fischen mit nur wenigen Flossenschlägen im Wasser zu schweben.


Sinnesorgane

Flösselhechte (Polypteridae) sind Makrosmaten, die sich weitgehend durch ihren Geruchssinn orientieren. Ihre röhrenförmigen Nasenöffnungen führen zu einem stark vergrößerten und kompliziert gebauten Riechepithel, das eine Oberfläche von 3200 mm² erreichen kann und unter den Knochenfischen nur mit dem der Aale (Anguillidae) vergleichbar ist.

Kopfbewegungen, die an ein gezieltes „Schnüffeln“ erinnern, sind eine oft beobachtete Verhaltensweise. Der Geruchssinn ist für die Nahrungssuche und das Fortpflanzungsverhalten wichtig.

Auf dem Rumpf der Flösselhechte befinden sich 3 Seitenlinien, die in Gruben in den Schuppen eingesenkt liegen. Auf dem Schädel ist das Seitenlinienorgan wie gewöhnlich bis auf kurze Grübchenlinien in knöcherne Kanäle eingeschlossen, die sich nur über Poren nach außen öffnen. Außerdem gibt es auf dem Schädel noch Felder für die elektrische Orientierung.


Lebensweise

Flösselhechte (Polypteridae) bevorzugen verkrautete Uferbereiche von stehenden und langsam fließenden Gewässern und, bei Hochwasser, in den Überschwemmungszonen.

Tagsüber ruhen die Fische auf dem Gewässergrund. Erst in der Dämmerung und in der Nacht ghehen sie auf Nahrungssuche. Der Beute nähern sie sich unbemerkt mittels ihrer Brustflossen (Pectorale), um dann plötzlich zuzuschnappen und sie unzerkaut zu verschlucken. Sie ernähren sich primär von Insektenlarven, Würmern, Krebstieren, kleinen Fischen und Amphibien.

Flösselhechte vertragen auch Gewässer mit geringem Sauerstoffgehalt. Wenn ihr Gewässer austrocknet, graben sie sich im Schlamm ein und können so diese Trockenphase überleben.


Fortpflanzung

Jungfisch mit Außenkiemen

Jungfisch mit Außenkiemen

Das Fortpflanzungsverhalten der Flösselhechte ist durch mühsame Freiland- und Aquarienbeobachtungen erforscht worden. In der Laichzeit schwimmen Rogner und Milchner eng aneinandergeschmiegt, jagen sich oder der Milchner stubst den ruhenden Rogner an und streift ihn mit seiner geschwollenen Afterflosse. Es sollen auch Luftsprünge vorkommen.

Die Eier (Laich) sind relativ groß (2,5 mm Ø), dotterreich und von einer klebrigen, mit Haftzotten versehenen Vitellinmembran umgeben.

Die schlüpfenden Dottersacklarven sind wenig entwickelt und hängen mit Hilfe eines Sekrets aus einer Klebedrüse an Wasserpflanzen. Bei Störungen sind sie allerdings imstande zu fliehen.

Die weiter entwickelten, zur aktiven Nahrungsaufnahme fähigen Larven haben äußere, aus dem Kiemendeckel ragende Kiemenbüschel und ähneln den Larven der Schwanzlurche (Caudata) und Lungenfische (Dipnoi).

Juvenile Flösselhechte führen ein verstecktes Leben in der Vegetation und auf dem Bodengrund. Die äußeren Kiemen bleiben auch bei juvenilen Fischen lange erhalten.


Systematik

Äußere Systematik

Die Flösselhechte (Polypteridae) sind die einzige Familie der Ordnung Polypteriformes. Sie sind eine sehr urtümliche Gruppe der Knochenfische. Plesiomorphe Merkmale sind das Spritzloch und der Spiraldarm.

Die systematische Stellung der Polypteriformes war lange Zeit umstritten. Sie wurden, wegen ihrer fleischigen Brustflossenstiele, oft bei den Fleischflossern (Sarcopterygii) oder den paraphyletischen Crossopterygii (=Quastenflosser (Actinistia + Rhipidistia)) eingeordnet.

Eine Gruppe italienischer Wissenschaftler kam noch im Jahr 2004 nach einem Vergleich von Fragmenten von Mitochondrien- und Kern-DNA zu der Schlussfolgerung, dass die Ordnung Polypteriformes zu den Fleischflossern gehören und die Schwestergruppe der Lungenfische (Dipnoi) seien. Diese Auffassung konnte sich jedich nicht durchsetzen.

Seit Einführung der kladistischen Systematik bilden die Flösselhechte innerhalb der Klasse der Strahlenflosser (Actinopterygii) eine eigene Unterklasse, die Cladistia, die allen anderen rezenten Strahlenflossern als basale Schwestergruppe gegenübersteht.

Die nächsten Verwandten der Flösselhechte sind die zwei Arten der ausgestorbenen Ordnung Guildayichthyiformes, die aus dem Mississippium (Unterkarbon) von Montana bekannt ist und seit dem Jahr 2000 die zweite Ordnung der Cladistia bilden

Innere Systematik

Heute sind zwölf Arten anerkannt, wobei elf der Gattung Polypterus zugeordnet werden und eine in die monotype Gattung Erpetoichthys gestellt wird. Letztere, der Flösselaal, unterscheidet sich von den eigentlichen Flösselhechten (Polypterus) durch das Fehlen von Bauchflossen und seinem im Verhältnis zur Länge wesentlich schlankeren Körper.

Eine neue Studie zeigt auf Datenbasis mitochondrialer DNA, dass die erst kürzlich neu beschriebene Art Polypterus mokelembembe die Schwesterart zu allen anderen Arten der Gattung Polypterus darstellt und die beiden Arten Polypterus endlicheri und Polypterus palmas polyphyletisch sind.

Die Systematik der Gruppe ist daher noch nicht korrekt und bedarf einer taxonomischen Überarbeitung.

  • Gattung Eigentliche Flösselhechte (Polypterus)
    • Polypterus ansorgii, Boulenger, 1910
    • Nil-Flösselhecht, (Polypterus bichir), Lacepède, 1803
    • Zaire-Flösselhecht, (Polypterus delhezi), Boulenger, 1899
    • Polypterus endlicheri congicus, Boulenger, 1898
    • Polypterus endlicheri endlicheri, Heckel, 1847
    • Polypterus mokelembembe, Schliewen & Schäfer, 2006
    • Schmuck-Flösselhecht (Polypterus ornatipinnis), Boulenger, 1902
    • Polypterus palmas buettikoferi, Steindachner, 1891
    • Polypterus palmas polli, Gosse, 1988
    • Polypterus retropinnis, Vaillant, 1899
    • Senegal-Flösselhecht (Polypterus senegalus), Cuvier, 1829
    • Polypterus teugelsi, Britz, 2004
    • Polypterus weeksii, Boulenger, 1898
  • Gattung Erpetoichthys

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