Glossar
Das Tetrodotoxin, kurz TTX, ist ein Nervengift, bei dem es sich um ein zwitterionisches Alkaloid aus der Imidazolin- und Pyrimidingruppe mit Guanidin-Teilstruktur handelt.
1964 wurde die Struktur von Tetrodotoxin von Robert B. Woodward aufgeklärt. Es ist gut löslich in Aceton und schlecht löslich in Wasser. 4,9-Anhydro-TTX ist eine molekular leicht abweichende Variante dieses Toxins.
TTX und Anhydro-TTX kommen bei einigen, meist marinen, Gifttieren vor.
Kugelfische (Tetraodontidae), Igelfische und andere Familien der Tetraodontiformes, westamerikanische Wassermolche, Stummelfußfrösche, einige Krebse, Schnecken, Seesterne und Blaugeringelte Kraken (Hapalochlaena) sind Träger dieses Giftes. Zu den bekannten Landtieren, in denen TTX nachgewiesen wurde, gehören die Plattwurmarten Bipalium adventitium und Bipalium kewense.
Tetrodotoxin konnte erstmals 1950 aus Ovarien von Kugelfischen (Tetraodontidae) isoliert werden, nachdem die Isolierungsversuche bereits 1909 begonnen hatten.
Aufgrund der enormen Diversität der TTX-haltigen Tiere wird vermutet, dass sie TTX nicht selbst produzieren, sondern aus ihrer Umwelt aufnehmen.
Es wurden Stämme verschiedener mariner Bakteriengattungen identifiziert, die TTX oder Anhydro-TTX produzieren und daher als Quelle in Frage kommen:
Diese wurden z.B. an Rotalgen der Gattung Jania (Typusart: Jania rubens; Familie Corallinaceae) gefunden.
Im Mittelpunkt der Untersuchungen stehen seitdem jedoch die Mitglieder der Familie Vibrionaceae, nachdem weitere Mitglieder der Familie Vibrio als TTX-Quellen wahrscheinlich gemacht werden konnten.
So wurde Vibrio fischeri (jetzt Aliivibrio fischeri) aus der Olivgrünen Steinkrabbe (Atergatis floridus) und Vibrio alginolyticus aus dem Magen des Kugelfisches Takifugu vermicularis isoliert.
Daher wird vermutet, dass TTX nicht von den Tieren selbst produziert wird, sondern dass sie es durch Aufnahme oder Symbiose mit Vibrio-Bakterien erhalten.
Die Biosynthese von Tetrodotoxin ist nicht vollständig geklärt. Einer japanischen Arbeitsgruppe um Tohru Fukuyama an der Universität Nagoya gelang die Totalsynthese der Verbindung aus 1,4-Benzochinon über 31 Syntheseschritte.
Tetrodotoxin blockiert spannungsaktivierte Natriumkanäle, die auch in Neuronen vorkommen. Man unterscheidet zwischen TTX-sensitiven (Nav 1.1 - Nav 1.7, außer Nav 1.5) und TTX-resistenten (Nav 1.5, Nav 1.8, Nav 1.9) Natriumkanälen .
Durch eine Blockade der Kanäle können keine Aktionspotentiale mehr ausgelöst werden, wodurch die Erregung von Nerven und Muskeln behindert oder verhindert wird. Motorische und sensible Ausfälle sind die Folge.
Tetrodotoxin zählt zu den stärksten Nicht-Protein-Giften und wird in seiner Toxizität nur von wenigen anderen Giften wie z.B. Maitotoxin übertroffen. Die tödliche Dosis von Tetrodotoxin liegt bei etwa 10 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht.
Die Vergiftungssymptome nach Aufnahme des Giftes (z.B. durch Verzehr der Haut, der Leber oder der Eierstöcke des Fugu) treten innerhalb einer relativ kurzen Zeit von ca. 45 Minuten auf.
Der Patient zeigt verschiedene Lähmungserscheinungen, u.a. Lähmung der Skelettmuskulatur und damit auch der Atemmuskulatur, sowie Koordinations- und Wahrnehmungsstörungen.
Beatmung und die orale Gabe von medizinischer Kohle können helfen. Überlebt der Patient die ersten 24 Stunden nach Aufnahme des Giftes, ist die Prognose sehr gut.
Beispiel: Bei oraler Aufnahme der letalen Dosis von 0,5 bis 1 Milligramm tritt die tödliche Wirkung erst nach einiger Zeit ein, so dass eine Rettung des Opfers meist noch möglich ist. Wird das Gift jedoch intravenös injiziert, so wird durch die rasche Ausbreitung das gesamte Nervensystem lahm gelegt und der Betroffene erliegt nach kurzer Zeit einer Atemlähmung.
Eine Tetrodotoxin-Vergiftung durch orale Aufnahme kann in vier Schweregrade eingeteilt werden, die anhand der Symptomatik unterschieden werden:
Da Tetrodotoxin in sehr geringen Mengen schmerzstillend wirkt, wird es auch für die Krebstherapie in Betracht gezogen.
In der biologischen und neurologischen Forschung wird TTX zur selektiven experimentellen Blockade von Natriumkanälen eingesetzt. Außerdem ist es das Antidot für das alkaloidhaltige Toxin Batrachotoxin der Pfeilgiftfrösche.
Literaturhinweise:
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